Fleischer Clavichord bundfrei

Johann Christoph Fleischer

1729(?)

8'8' FF-f''' (original FF-d''')

4' FF-d

bundfrei, a' 390 Hz

Museum Schwedenspeicher, Stade

Gregor Bergmann 2016

CHS_8250
Fleischer 4
Fleischer 1
Fleischer 3
Fleischer 2
(c) Moo Fricke DSC_9044

Resonanzboden, Fleischer 1728

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Fleischers Kompromiß

Von Johann Christoph Fleischer sind vier Clavichorde und ein Cembalo erhalten. Zwei der Clavichorde sind gebunden (C-c''') und werden in Trondheim und Stockholm aufbewahrt. Die beiden anderen sind bundfrei und stehen in Stockholm und Stade. Die Clavichorde sind in der Dissertation von Lance Whitehead¹ in einen größeren historischen Kontext eingebunden und in einem Artikel gut beschrieben².

Das Clavichord von Johann Christoph Fleischer in Stade ist von großem Wert, unter anderem weil es eines der ältesten erhaltenen bundfreien Clavichorde ist. Die Zahl 9 in der Signatur "... 1729" ist schwer lesbar, man sollte eigentlich 172? schreiben. Das bundfreie Clavichord in Stockholm ist mit 1723 signiert und somit das älteste erhaltene bundfreie Clavichord überhaupt. Whitehead stellte in seiner Dissertation fest, dass die Tastenenden aller vier Clavichorde die gleiche Teilung haben. Offensichtlich machte Fleischer aus seinen gebundenen Modellen bundfreie Clavichorde, ohne die Teilung der Tastenenden zu verändern. Man kann die Lücken zwischen den Tastenenden leicht erkennen, sie sind für die gebundenen Töne notwendig, bei bundfreien Clavichorden aber überflüssig.

Das originale Instrument in Stade hat einen Umfang von FF-d'''. Fleischer hat also 7 Tasten im Bass hinzugefügt und 3 Tasten im Diskant. Dazu hat er das Clavichord im Baß verlängert und die Rückwand weiter nach außen versetzt, um die neuen Tasten und Saiten aufnehmen zu können. Er hat es aber vermieden, dass Instrument von Grund auf neu zu planen. Meine Aufgabe war es, den Umfang auf f''' zu erweitern. Das wurde nun schwierig, weil Fleischer einen Kompromiß eingegangen war, der die Möglichkeiten weitestgehend erschöpft hatte. Der Resonanzraum mußte also an der Klaviatur noch mal Platz für zwei weitere Untertasten machen und die Tastenenden forderten ebenfalls ihren Tribut im oberen Stegbereich. Das Ergebnis war allerdings überraschend gut, der Diskant hat nicht - wie befürchtet - gelitten, sondern arbeitet wunderbar mit den anderen Stimmen zusammen.

 

¹ Lance Whitehead "The clavichords of Hieronymus and Johann Hass"

² Lance Whitehead "The clavichords of Johan Fleischer the Younger", Clavichord International, Volume 3, Number 1, May 1999

 

Bilder von Christoph Schönbeck & Moo Fricke (Bild vom originalen Resonanzboden)

 

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